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Die Geschichte des Museums

Den Grundstock der Hauptsammlung bildet die Sammlung des bekannten Lepidopterologen Franz DANIEL, München, deren Anfänge bis in die Zeit um die Jahrhundertwende reichen und bereits von dessen Vater, der einer Entomologen-Familie entstammte, gelegt wurden. Die handgeschriebenen Sammeltagebücher aus der Zeit um die Wende vom 19. zum 20.Jahrhundert belegen eindrucksvoll dessen Reise- und Sammeltätigkeit. Die Sammlung DANIEL umfaßt die damals im SEITZ II unter‚ Bombyces et Sphinges' zusammengefaßten Familien, die allerdings nach modernen taxonomischen Erkenntnissen keine Einheit mehr bilden. Von frühester Jugend an sammelte DANIEL systematisch Material dieser Lepidopteren-Familien und es gelang ihm, eine Sammlung auf diesem Gebiet anzulegen die als die umfassendste ihrer Zeit angesehen wurde (NachrBlatt Bayer.ent.19(6):93-101,1970).

Die Bedeutung seiner Sammlung lag vor allem darin, daß DANIEL neben seinen eigenen Forschungsschwerpunkten immer bestrebt war, sein Material den zeitgenössischen Spezialisten zur Bearbeitung zu überlassen. So kommt es daß sein Material seit den 30er Jahren, also seit Erscheinen des SEITZ-II-Supplements, in den wichtigen systematischen Bearbeitungen, Revisionen und Monographien dieser Lepidopteren-Familien berücksichtigt wurde oder gar die Grundlage für Bearbeitungen bildete. Diese Politik wurde von WITT nahtlos anschließend bis heute weiterbetrieben.

Ein gutes Beispiel dafür sind die sog. "Grün-Zygaenen" oder "Forester-Moths" der Gattung Adscita (Procris auct.), die nacheinander von den Spezialisten Rudolf NAUFOCK, Burchard ALBERTI, Gerhard TARMANN und Konstantin EFETOV durchgearbeitet worden sind und somit tief in der Literatur verankert sind. Tiere, an denen sich Determinationszettel der vier namhaften Bearbeiter finden und die mehrfach in verschiedenen Publikationen Erwähnung fanden und zur Abbildung gelangten sind keine Seltenheit. Eine in dieser Form gemanagte Sammlung ermöglicht nicht nur das Studium des Arten- und Formenreichtums der Gruppe, wie er sich in der Gegenwart darstellt, sondern auch vertikal in der Zeit das Studium ihrer Entdeckungsgeschichte. Möglich wird dies an Hand der Spezialliteratur, die in der Bibliothek in Sonderdrucken, Zeitschriftenreihen und Büchern parallel zur Sammlung laufend zusammengetragen wurde und wird, wobei die Verknüpfung zwischen Sammlung und Literatur mittels einer Artenkartei erfolgt, in der die Publikationen nach den in ihnen behandelten Taxa systematisch aufgeschlüsselt sind. Die neueste Darstellung der Gruppe in der Reihe "Die Bombyces und Sphinges der Westpaläarktis" konnte bis auf wenige Fälle nahezu ausschließlich aufgrund des heutigen Sammlungs- und Bibliotheksbestandes erarbeitet werden.

Unabhängig von DANIEL hatte WITT seit etwa 1965 begonnen sich diesen Lepidopteren-Familien zu widmen. Er begann damit, systematisch kleinere und größere Sammlungen und Nachlässe verstorbener Lepidopterologen zu erwerben und dehnte diese Tätigkeit alsbald auf den gesamten europäischen Raum aus. Eine beträchtliche Zahl von Sammlungen, Nachlässen und Teilsammlungen zum Teil namhafter Spezialisten, die im In- und Ausland publiziert hatten, konnte eingebracht werden: Sammlungszugänge

Einen weiteren Schwerpunkt bildet der kontinuierliche Erwerb von Ausbeuten reisender Kollegen sowie von Expeditionsausbeuten. Dazu ist zu bemerken, daß der Lichtfang ab den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts mit der Einführung netzunabhängiger tragbarer Stromerzeuger mit hoher Leistung einen ungeheuren Aufschwung genommen hatte. So war es jetzt möglich, auch in den entlegensten und schwer zugänglichen Regionen intensiven Lichtfang mit einem breiten Spektrum von Lichtquellen zu betreiben und Ausbeuten in nie gekannter Individuenzahl einzubringen. Dementsprechend stieg auch die Zahl daraus neuer und bisher unbeschriebener Taxa im Art- und Unterartrang.

Besonderer Erwähnung bedürfen die Expeditionen ungarischer Naturforscher-Teams, die alljährlich gezielt geplante mehrwöchige Sammelreisen in bisher noch unbesammelte Regionen unternommen haben. Speziell für den Lichtfang von Lepidopteren ausgerüstet bereisten die stets aus 2-3 professionell arbeitenden Lepidopterologen bestehenden Teams zu verschiedenen Jahreszeiten schwerpunktmäßig Pakistan, Nepal, Burma, Thailand, Vietnam und Taiwan.

Allen voran ist hier der ungarische Zoologe, Naturforscher und Noctuidae-Spezialist Dr. Marton HREBLAY (1963-2000) zu nennen, der als Pionier der lepidopterologischen Erforscher dieser Länder zu den großen Reisenden des 20.Jahrhunderts zählt und dessen Leben durch einen tragischen Unfall Ende 2000 in Thailand ein jähes Ende fand.

Während das Noctuidae-Material dieser Expeditionen im Kreis der ungarischen Noctuidae-Spezialisten verblieb und die Grundlage einer wahren Flut von Neuentdeckungen bildet die laufend publiziert werden, gelangte das Bombyces & Sphinges-Material geschlossen ins Museum Witt. Das gesamte Material ist bereits präpariert und nach Familien vorsortiert. Es wird von den korrespondierenden Wissenschaftlern und Spezialisten des Museums nach und nach bearbeitet und veröffentlicht. Die Auswertung wird noch Jahrzehnte andauern.

Von Bedeutung sind auch die Ausbeuten des Lepidopterologen Dr. Ronald BRECHLIN, Pasewalk. Dieser machte in den 90er Jahren eine große Zahl von Forschungsreisen nach Vietnam, Thailand, Malaysia, Sumatra, Java, den Philippinen, Sulawesi und schließlich in die Volksrepublik China.Darüber hinaus lernte BRECHLIN Einheimische zum Sammeln an und bezog aus diesen Verbindungen über Jahre umfangreiche Lichtfangausbeuten aus verschiedenen Jahreszeiten. Auch hier wieder gelangte das Bombyces-Material geschlossen sowie Sphingidae und Saturniidae partim ins Museum Witt.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet das Material des Lepidopterologen und Notodontidae-Spezialisten Dr. A.SCHINTLMEISTER, Dresden, sowohl das seiner eigenen Reisen, aber auch einer Reihe von ihm ausgesandter Sammler, allen voran Victor SINIAEV. Bemerkenswert sind hier die Lichtfangausbeuten aus Nord-Vietnam vom Mt.Fan-si-pan, einem Gebirgsstock mit einem hohen Anteil paläarktischer Faunenelemente, der von SINIAEV, AFONIN, SCHINTLMEISTER und BRECHLIN über mehrere Jahre systematisch besammelt wurde. Rund 80.000 Falter gelangten ins Museum Witt, die in einer eigenen Publikationsreihe "Moths of Vietnam with special reference to Mt.Fan-si-pan" bearbeitet und publiziert werden.

Der Erwerb von Expeditionsausbeuten begann Anfang der 70er Jahre mit der Bekanntschaft mit Josef DE FREINA, Landshut, von dem WITT dessen Ausbeute aus dem Kumaon-Himalaya übernehmen konnte. Daraus ergab sich eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit die bis in die Gegenwart andauert. Nahezu das gesamte Material der sehr umfassenden Reisetätigkeit dieses Sammlers und Naturforschers gelangte in das Museum WITT, so umfangreiche Ausbeuten aus Nordafrika, dem Vorderen und Mittleren Orient bis Iran und Afghanistan. Mitte der 70er Jahre begann DE FREINA systematisch die Türkei zu bereisen, die zu diesem Zeitpunkt noch relativ unerforscht war. Das Material zahlloser Reisen gelangte ins Museum und wurde in einer Publikationsreihe veröffentlicht. Auch DE FREINA zählt zu den großen Reisenden des 20.Jahrhunderts auf dem Gebiet der Lepidopterologie und ist der Pionier in der Erforschung Kleinasiens durch Lichtfang.